1881 – Jules Bourdais, Sonnensäule

Die französische Regierung will zum 100. Jubiläum der Französischen Revolution im Jahr 1889 einen gewaltigen Prestigebau errichten. Der Präsident Jules Ferry wünscht sich ein Wahrzeichen, das die französischen Großmachtansprüche verdeutlichen soll. Insgesamt werden 107 Vorschläge eingereicht, darunter neben Gustav Eiffels später realisiertem Eiffelturm ein Sonnenturm-Entwurf des Architekten Jules Bourdais und des Ingenieurs Amédée Sébillot. Ihre Idee ist, einen riesigen Leuchtturm aus Stein in die Mitte von Paris zu bauen, die sogenannte Colonne Soleil (dt. Sonnensäule). Diese soll eine künstliche, elektrische Sonne schaffen, um die Nacht in Paris zu erhellen, und erinnert an den antiken Leuchtturm von Pharos. Der Turm soll 300 Meter hoch und mit vier Aufzügen ausgestattet sein. Die Spitze des Turms hätte aus einer 55 Meter hohen Sonnen-Laterne bestanden. Dazu hat Bourdais die Idee, die Dächer der Häuser in Paris mit Spiegeln auszustatten, damit das Licht der Laterne in jeden Winkel der Stadt reflektieren kann. Der dreieckige Sockel soll ein Elektrizitätsmuseum enthalten und der Turm für wissenschaftliche Experimente genutzt werden. Gekrönt wird der Turm durch einen Ring aus Sternen und einer geflügelten Statue, welche der Wissenschaft gewidmet ist. Die Sonnensäule steht für ein einzigartiges Konzept, das durch seine hohe Bauweise und die Rundumsicht panoramatische Strahlkraft besitzt. Doch der Konstrukteur und der Architekt unterschätzen das enorme Gewicht der Sonnensäule. Statische Probleme und die gewaltigen Kosten hätten das Projekt selbst dann verhindert, wenn Gustave Eiffel den Zuschlag für den Bau des heutigen Pariser Wahrzeichens nicht bekommen hätte. Bourdais’ Leuchtturm-Vision gerät in Vergessenheit. — Jakob Wallis, Jana Keim